Ein Fest der Sinne, ein Tanz der Spiegelneuronen, ein musikalisches Resonanztheater. Und ein grosses Staunen über die Arbeit der Musikdozenten Christoph Battaglia und Philipp Saner, die zusammen mit den beteiligten Studierenden der Pandemie getrotzt, die Probenarbeit weitergezogen und diesen Abend ermöglicht haben.
Das Sammeln der unterschiedlichen Kompetenzen, Instrumente, Interessen stehe zu Beginn des Arbeitsprozesses, bringe ich in Erfahrung. Es folge die Suche und das Arrangieren gewünschter Songs mit der grösstmöglichen Partizipation und geleitet vom Grundgedanken, dass alle Studierenden im Verlaufe der gemeinsamen Arbeitszeit möglichst jedes Instrument der Band spielender Weise kennen lernen. Ich vernehme das Wort Ermutigung und erlebe, wie die Studierenden auf der Bühne die Instrumente und Aufgaben wechseln, in unterschiedlichen Rollen überzeugend ins Rampenlicht treten. Die Dozierenden am Lichtpult, am Mischpult, als Musizierende leisten äusserst charmant Unterstützung, ermöglichen den Studierenden die zentrale Erfahrung, was es heisst, Musikerin, Musiker zu sein, auf der Bühne zu stehen. Hier ist, im buchstäblichen Sinne des Wortes, ein Ensemble am Werk, welches für mich diesen Abend zu einem berührenden, lange nachhallenden Erlebnis hat werden lassen.
Von einer neuen Seite kennen gelernt
Bei Gesprächen nach dem Konzert erfahre ich, wie auch die Schulleitung und andere Dozierende die Studierenden auf der Bühne von einer neuen, noch unbekannten Seite entdeckten und staunen ob dem Mut, der Lust, dem Selbstbewusstsein, der Überzeugungskraft, dem gelebten selbstgesteuerten Lernen. Das Miteinander, die Begegnung, das Aufeinander-Hören und das Gefühl, ein Teil zu sein von «etwas Grossem», nennen die beteiligten Studierenden als Beweggründe, sich an diesem Projekt zu beteiligen. «Sounde trotz Corona!», bringt es eine Studentin auf den Punkt, die nota bene für dieses Konzert eingesprungen ist, ohne für ihre Leistung kreditiert zu werden.
Die berührendste Geschichte, die ich an diesem Abend erzählt bekomme, ist folgende: Ende November schreibt eine KG-Studentin, ermüdet vom ständigen Sitzen vor dem Bildschirm und etwas einsam in ihrem Zuhause-Büro, einen selbst verfassten poetischen Text in den Chat der KGU-Studierenden H20. Vier Stunden später taucht im Chat eine von einer Jahrgangskollegin vertonte, gesungene Version des Textes auf. Im Frühling 2021 fragt die musizierende Studentin bei ihrer dichtenden Kollegin nach neuen Texten, bekommt zwei weitere Gedichte und vertont sie, unterstützt von ihrem Gitarrendozenten. Zeitgleich fragt sie im Jahrgangs-Chat nach Interessierten, die mit ihr zusammen eine Band bilden und für den Auftritt auf der FassBühne proben wollen. Das Resultat dieser intrinsisch motivierten Initiative sind die drei Lieder «Dein mutiges Lichtlein», «Nicht gewillt» und «Steh aufrecht», die den Deutsch- und Musikdozenten Geri Stamm so bezaubern, dass er nach dem Konzert bei den Studierenden nachfragt, ob sie ihm die Texte nicht vielleicht zukommen lassen könnten.
Wippen im Takt der Musik
Das beglückendste Bild für mich als leidenschaftlichen Zuschauer ist eine Entdeckung, die ich ganz beiläufig mache: In der vordersten Zuschauerreihe wippen drei Oberkörper ausnehmend heftig im Takt der Musik und ich erkenne beim genaueren Hinschauen, es sind dies: die dreijährige Tochter einer Studentin und die beiden Dozierenden für Musik, die ihrer Freude ganzkörperlich Ausdruck verleihen.
Nach diesem erfüllenden Abend tappe ich durch die laue Sommernacht nach Hause und beginne vom Weihnachtssingen der PHSH in den kühlen Kasematten des Munots zu träumen, dem für mich persönlich allerwichtigsten Anlass im Hochschuljahr.
Jürg Schneckenburger, Dozent (Auftrittskompetenz, Theaterpädagogik), Mentor